Story zum Foto – Teil 3: Milchstraße über Großelterns Haus

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Es war der 20. März 2018 und die Wetter-App sagte für die kommende Nacht einen klaren Himmel voraus. Also baute ich meine Nachführung im Garten meiner Großeltern auf Rügen auf und bereitete alles für eine längere Astro-Foto-Session vor. Ich wollte nämlich endlich mal mit einem Teleobjektiv einen Galaxien-Haufen fotografieren. Und da der Virgo-Galaxienhaufen eine relativ große Fläche am Himmel hat, reicht auch schon eine Brennweite von um die 200mm. Allerdings musste ich noch etwas warten, bis der gefragte Himmelsbereich hoch genug steht und bis der Mond untergegangen ist.

Die Zeit über fotografierte ich noch den Orionnebel, eine Region in der gerade Sterne entstehen. Hier ein Einzelbild mit 3 Minuten Belichtungszeit bei 200mm Brennweite (also nix weltbewegendes von den Aufnahmedaten):

Irgendwann war es dann aber so weit und ich habe das Teleobjektiv in Richtung des Virgo-Galaxienhaufens ausgerichtet. Das war gar nicht so einfach, denn die Galaxien sind natürlich nicht durch den Kamerasucher zu erkennen, sondern ich musste mich anhand von Sternen orientieren und immer wieder Testbilder machen. Nach einigen Tests hatte ich dann meinen gewünschten Bildausschnitt gefunden. Ich kontrollierte noch ein letztes Mal die motorische Nachführung, und ob die Linse auch nicht beschlagen ist. Dann stellte ich den Timer auf 100 Aufnahmen mit jeweils 2 Minuten Belichtungszeit. Die Kamera sollte also 3 Stunden beschäftigt sein.  Nun hieß es warten… und es war bereits schon nach Mitternacht. Ich entschied mich dafür die Zeit im Warmen zu verbringen und unterbrach die Aufnahmeserie noch einmal kurz, um die Kamera mit einem frischen Akku zu versorgen. Dann ging ich ins Haus und legte mich aufs Bett. Ich schaltete das Radio ein und auf einem Sender des NDR fing gerade ein Hörspiel an. Ich schloss die Augen und lauschte gespannt dem Hörspiel. Ich fiel in einen Halbschlaf.

Plötzlich wachte ich erschrocken auf. Worum es in dem Hörspiel genau ging, weiß ich nicht mehr genau, aber als ich aufwachte ging es um die Kontaktaufnahme mit gruseligen Außerirdischen. Gerade das richtige Thema um gleich wieder raus ins Dunkle zu gehen. Ich schaute auf die Uhr und es war schon fast 3 Uhr. Also zog ich mich wieder warm an und trat vor die Haustür. Es war kalt (ca. -5° C), es war dunkel und es war totenstill. Auch meine Kamera hörte ich nicht mehr. Das war wohl zu lang für den Akku. Ich wechselte den Akku, kontrollierte die letzten Aufnahmen, kontrollierte die Nachführung und auch die Objektivlinse. Alles einwandfrei. Also startete ich nochmal eine kleine Serie.
Ich schaute in den Himmel und bemerkte, dass sich der Himmel schon ordentlich verändert hatte. Und ich sah, dass die Milchstraße bereits überm Horizont stand. Ich bewegte mich weiter durch Oma’s Garten und sah auf einmal von einer Position, dass die Milchstraße direkt über dem Haus stand. Und zwar waagerecht. Ein eher ungewohnter Anblick. Um eine bessere Perspektive zu bekommen, musste ich allerdings den Garten verlassen und auf das nahegelegene Feld. Dazu musste ich wiederum durch ein kleines dunkles Waldstück. Das bedarf mit dem gruseligen Hörspiel noch im Hinterkopf etwas an Überwindung, aber der Anblick lohnte sich auf jeden Fall. Und auch wegen des besonderen Orte, ist es ein sehr besonderes Bild für mich persönlich.

| Canon 600D | Tokina 11-16mm @ 11mm | f/2.8 | 30 Sek. | ISO 1600 |

Aber auch der Galaxienhaufen ist etwas geworden. Am Ende kamen 78 Bilder bei rum, mit jeweils 2 Minuten Belichtungszeit pro Bild. Ich konnte über 60 Galaxien in diesem Bild zählen. Ein atemberaubender Blick, weit hinaus ins All. In Wirklichkeit zählen zu dem Haufen 1000-2000 Galaxien in einer Entfernung von über 50 Millionen Lichtjahren. Es ist schon ein beeindruckendes Gefühl, dass allein das Licht über 50 Millionen Jahre von diesen entfernten Welteninseln bis auf meinen Kamera-Sensor benötigt hat. 🙂

| Canon 500D | Canon 70-200mm @ 200mm | f/5.0 | 78 x 2 Min. | ISO 1600 |

Tom Radziwill

ist begeisterter Landschafts- und Astrofotograf. Auf seinem Blog berichtet er von seinen Reisen, Erlebnissen und der Entstehung der Bilder. Sein Motto: "Jedes Bild hat seine eigene Geschichte."

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Jens-Uwe

    Sehr schöne Aufnahmen und gute Story zum Bild. Vielen Dank fürs Teilen. Die Milchstraße über dem Haus hat wirklich was besonderes.

    Viele Grüße
    Jens-Uwe

    1. Tom Radziwill

      Vielen Dank und Grüße zurück 🙂

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