Story zum Foto – Teil 2: Polarlicht auf Island

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Es war Anfang März 2016. Ich war auf Island unterwegs und der letzte Tag meiner Reise war komplett wolkenlos. Also versprach es auch eine wolkenlose Nacht zu werden. DIE Chance auf Nordlichter vor Ende meiner Reise.  Ich suchte mir den Þingvellir-Nationalpark als Ziel aus. Eine touristisch beliebte Gegend auf Island. Nach Sonnenuntergang waren aber so ziemlich alle Touristen wieder weg. Ich bereitete mich auf das Dunkelwerden vor. Das heißt: Alles Notwendige griffbereit legen und die Kamera-Ausrüstung checken um unnötigen Stress zu vermeiden. Spätestens um 22:00 Uhr war es so dunkel, dass ich mich mal aus dem Auto bewegte um einen Blick in die Sterne zu werfen. Die Milchstraße war sehr gut zu sehen, einzig das Polarlicht vermisste ich noch. Optimistisch stieg ich wieder ins Auto um mir einen Schluck warmen Tee zu gönnen. Das Auto-Thermometer zeigte -12°C an.

Nach fast einer weiteren Stunde erfolglosen Wartens, näherten sich plötzlich Scheinwerfer von der Landstraße zu meinem Beobachtungsstandort. Dem Fahrverhalten nach zu urteilen ein großes Fahrzeug. Was will hier bitteschön ein LKW nachts mitten in der Pampa dachte ich noch, bis ich erkannt habe, dass es ein Reisebus aus Reykjavik war. Voll beladen mit Touristen. Ein zweiter Bus kam, ein dritter und ein vierter. Und alle stellten sich neben mir. Die Reisegäste strömten in alle erdenkliche Richtungen aus und schauten in den Nachthimmel. Jetzt dämmerte es mir: Das sind die angebotenen Nordlicht-Reisen, bei denen Touristen in dunkle Gebiete gefahren werden, wo natürlich das Erlebnis der Nordlichtbeobachung viel schöner ist. Eins war mir dann auch klar: Wenn die Reisebusse hier schon ankommen, habe ich mir wohl ein gutes Plätzchen ausgesucht…

Wieder verstrich eine Stunde ohne Polarlichter und der Reise-Guide rief alle zusammen um wieder nach Reykjavik zurückzukehren, mit der Begründung, dass man heute einfach kein Glück mit den Nordlichtern hatte. Enttäuscht schloss ich mich kurzerhand der Buskolonne an, um ebenfalls nach Hause zu fahren. Schließlich hatte ich noch eine längere Fahrt vor mir und außerdem ging am nächsten Vormittag der Flieger zurück nach Deutschland.
Es war bereits nach Mitternacht, als drei der vier Busse losfuhren. Auch ich fuhr los, mit dem Gedanken, wenigstens den Abend zuvor Polarlichter gesehen zu haben. Trotzdem war es  ärgerlich, dass es diese Nacht, trotz klaren Himmels, nix wurde.
Ich war keine 3 Minuten unterwegs, als es plötzlich wie aus dem Nix am Himmel grünlich leuchtete und es bewegte sich am Himmel. Schnell drehte ich um und kehrte zum Parkplatz zurück, wo immer noch der vierte Bus stand und alle Insassen nun um den Bus herum versammelt waren. Nachdem ich das Auto am Rand abgestellt hatte, machte ich eine erste schnelle Testaufnahme. Während die Aufnahme lief, wurde das Polarlicht wieder schwächer und viele stiegen wieder in den Bus. Wenige Augenblicke später wurde es aber richtig hell und schien konstant zu bleiben. Im Bus hielt es keinen mehr auf den Sitzen, alle stiegen wieder aus. Auch ich nahm nun meine komplette Ausrüstung, ging zu den Punkten, die ich mir schon tagsüber ausgesucht hatte und machte Aufnahmen, von denen ich schon immer geträumt hatte. Genau dieses Bild hatte ich am Anfang des Tages im Kopf. Und wenn es dann möglich ist, dieses “Kopfkino” erfolgreich umzusetzen, ist das etwas ganz besonderes. Und genau aus diesem Grund, werde ich diese Nacht wohl nie vergessen. Es hat mich auch mal wieder gelehrt, nie zu schnell aufzugeben, auch nicht bei der Polarlicht-Jagd.
Aber trotz des Fotos: Das Live-Erlebnis ist doch immer noch das schönste: Dort in der Kälte zu stehen, und geisterhafte Lichter am Himmel beim Tanzen zuzuschauen. Und übrigens: Wenn es erst einmal am Himmel tanzt…die Kälte wird dabei automatisch zur Nebensache 😉

Hier also nochmal zum Genießen das Bild in voller Pracht und die Aufnahmedaten:

| Canon 500D | Tokina 11-16mm @ 11mm | f/2.8 | 20 Sek. | ISO 1600 |

 

Weitere Aufnahmen von diesem letzten Reisetag findet ihr hier.

 

Tom Radziwill

ist begeisterter Landschafts- und Astrofotograf. Auf seinem Blog berichtet er von seinen Reisen, Erlebnissen und der Entstehung der Bilder. Sein Motto: "Jedes Bild hat seine eigene Geschichte."

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