Story zum Foto – Teil 4: Weiche Knie am Geroldsee

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Es war der Abend des 04. August. Die Nacht zuvor hatte ich schon keinen Schlaf, da ich einen Workshop im Sternenpark Westhavelland gehalten habe. Und nach dem Workshop ging es fast auf direktem Wege nach Bayern ins Bayerische Karwendel. Glücklicherweise konnte ich auf der ICE-Fahrt in den Süden Deutschlands immerhin ein wenig Schlaf nachholen.

Direkt der erste Abend während meines Kurzaufenthalts in Bayern versprach einen klaren Himmel. Also wurde der Schlafmangel erstmal ignoriert, um für mich das erste Mal den Sternenhimmel in den Bayerischen Bergen zu fotografieren. Nach einem ausgiebigen Abendessen im Ferienhotel Barmsee, meiner Unterkunft, brach ich mit “Sack und Pack” auf in Richtung Geroldsee. Nach einer knapp 2-stündigen Wanderung kam ich auf der Anhöhe an, von wo aus stets das berühmte Postkartenmotiv entsteht: Auf leichter Anhöhe stehend in Richtung Karwendel-Massiv mit dem Geroldsee im Vordergrund. Einfach mal in die Suchmaschine bei Bildern “Geroldsee” eingeben, da findet man dann hauptsächlich das eben von mir beschriebene Motiv. Natürlich wollte auch ich dieses Motiv meinem Archiv hinzufügen; allerdings mit dem kleinen Zusatz, dass ich nun spätabends dort stehe und passend noch im Sommer die Milchstraße über den Gipfeln des Karwendels zu sehen ist.

Insgesamt verbrachte ich hier knapp 2 Stunden mit Fotografieren. Almwiesen, Holzhütten, Wälder, der Geroldsee, die hohe Gebirgskette des Karwendels und dazu noch die Sommer-Milchstraße. Eine perfekte Kombination für ein schönes Nachtfoto. Ich machte einige Belichtungsreihen und Panoramen, bis ich mich schließlich wieder Richtung Ferienhotel auf den Weg machte. Auf dem Rückweg kam ich dem Geroldsee noch etwas näher, sodass schnell der Wunsch in mir aufkam, irgendwie direkt an die Uferkante des Sees zu gelangen, um noch eine schönere Spiegelung der Sterne im See festzuhalten. Als ich mich dem Seeufer durch erhöhtes Gras näherte, entdeckte ich im Schein meiner Kopflampe einen kleinen Steg, der einige Meter in den See hineinführte. Voll bepackt mit Kamera und Stativ machte ich kurzerhand einen beherzten Schritt auf eben diesen Steg. Im nächsten Moment bereute ich diese Idee gleich wieder. Denn der Steg war alles andere als stabil. In dem Moment wusste ich auch noch gar nicht, ob er mich hält und ob das für ein Foto überhaupt reicht. Trotzdem wagte ich 2, 3 Schritte weiter auf dem Steg, bis ich schließlich am Steg-Ende ankam, also direkt über dem Wasser. Ich stellte das Stativ mit Kamera ab und war überrascht, dass gleich alle drei Stativbeine ein Brett erwischten. Ohne groß die Kamera auszurichten, geschweige denn den Bildausschnitt anzupassen, drückte ich den Auslöser. Es waren die wohl gefühlt längsten 25 Sekunden Belichtungszeit. Weiche Knie hatte ich da schon, muss ich zugeben. Ich wollte mir erst gar nicht ausmalen was passieren würde, wenn der Steg nachgeben, mir die Kamera abstürzen oder ich mich auf dem Steg vertreten würde. Ich wagte kaum zu atmen, denn jeder Wackler würde natürlich auch das Foto unbrauchbar machen.
Als es dann nach gefühlter Ewigkeit endlich fertig war, überprüfte ich es eine knappe Sekunde auf dem Display, um dann wieder die Kamera in die Hand zu nehmen und langsam rückwärts (!) in Richtung Ufer zu gehen. Kurz darauf war ich wieder froh, festen Boden unter den Füßen zu haben. 🙂 

Hier nochmal das fertige Bild mit den dazugehörigen Aufnahmedaten: 

| Canon 70D | Tokina 11-16mm @ 11mm | f/2.8 | 25 Sek. | ISO 3200 |

 

 

Tom Radziwill

ist begeisterter Landschafts- und Astrofotograf. Auf seinem Blog berichtet er von seinen Reisen, Erlebnissen und der Entstehung der Bilder. Sein Motto: "Jedes Bild hat seine eigene Geschichte."

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