Es war der 30. März 2022, und nun war es endlich wieder soweit. Nach einer für mich längeren Polarlicht-Pause (5 Jahre) stand ich nun also wieder unter den zauberhaften Nordlichtern, nördlich des Polarkreises bei knapp 70° N. Aber der Reihe nach…
Es war der dritte Abend im hohen Norden Norwegens. Genau gesagt auf Sommarøy, einem kleinen Fischerdörfchen eine knappe Autostunde westlich von Tromsø entfernt. Diese Gegend besticht durch weiße Sandstrände, viele kleine Inseln, türkisblaues Wasser. Die Malediven des Nordens, so wird Sommaroy verständlicherweise aufgrund der genannten landschaftlichen Gegebenheiten genannt. Der wohl perfekt fotogene Ort für Nordlichtfotos. So war der Plan.
Am besagten Abend war also mal wieder Warten angesagt. Warten auf die launische Lady Aurora. Meistens ist eine Polarlichtjagd aber eher eine Wolkenlückenjagd. Denn was nützt schon eine hohe Polarlichtaktivität wenn man diese aufgrund einer dicken Wolkendecke nicht bewundern kann…? Kurz vor 22 Uhr wagte ich einen Blick in den Nachthimmel. Denn das Wolkenradar zeigte zumindest keine geschlossene Wolkendecke. Gebeutelt von Halsschmerzen und einer Nasennebenhöhlenentzündung raffte ich mich von der Couch auf, um die obligatorischen Lagen Winterkleidung überzuziehen, bevor ich mich raus in die Kälte wage. Kurz orientiert: wo ist Norden, wo sind Sterne zu sehen (also Wolkenlücken) und wo vielleicht ein Polarlicht…Ende März wird es auf diesen Breitengraden schon gar nicht mehr richtig dunkel. Am Nordhorizont ist permanent die Mitternachtsdämmerung (ähnlich der blauen Stunde) zu sehen und gegen 22 Uhr sowieso noch nicht maximal dunkel. Es war also gar nicht so einfach, wenn überhaupt Wolkenlücken waren, zu unterscheiden, ob das eventuell vielleicht schon ein schwaches Polarlicht oder nur der noch von der Dämmerung aufgehellte Himmel ist. Aber doch. Da! Da leuchtet doch etwas zwischen den Wolken hindurch…oder? Ja, tatsächlich! Schwach, aber es ist da! Also schnell wieder rein und Bescheid sagen. Denn meine Freundin lag bereits im Bett, ebenfalls gebeutelt von Halsschmerzen, Husten und Fieber… Meine Worte: “Schatz, wenn du das erste Mal in deinem Leben Polarlichter sehen möchtest, dann musst du jetzt mitkommen.” Gesagt, getan…wenn auch nicht ganz freiwillig. Wäre es nach unserer gesundheitlichen Verfassung gegangen, würden wir bereits beide im Bett liegen. Aber wie das eben so ist, da mussten wir jetzt durch. Also nochmal schnell Ausrüstung gecheckt, Mietwagenschlüssel geschnappt und los.
Zuerst versuchten wir es ein paar hundert Meter weiter am Wasser, aber da überwiegten wieder die Wolken und das Polarlicht war nur noch zu erahnen. Was nun? Risiko? Risiko! Also fuhren wir trotz aktuell wieder stärkerer Bewölkung zu einem Spot, den wir uns schon vorher für Polarlichter ausgeguckt haben. Dieser war tatsächlich nur 2 Kilometer bzw. 5 Minuten Fahrt entfernt. Ein Spot, von dem man die Brücke von Sommarøy als Vordergrund wunderbar ins Foto einbauen kann. Um dahin zu gelangen, muss man aber auch einmal über die Brücke fahren, sozusagen aufs “Festland”. Auf der einspurigen Brücke wagte ich einen Blick aus dem Seitenfenster hinaus in den Himmel und erschrak regelrecht. Denn plötzlich stand ein kräftiger, grüner und langgezogener Polarlichtbogen am Himmel. Ich trat ein wenig mehr aufs Gas und wenige Augenblicke später waren wir auch schon am Ziel. Und tatsächlich waren wir an dieser Stelle nicht die einzigen Polarlichtjäger, denn da stand bereits ein Kleinbus mit einigen Leuten drumherum. Ohne viel Zeit zu verlieren stellte ich den Wagen ab (parken kann man dazu kaum sagen), wir schnappten uns Kamera und Stativ und liefen noch ein paar Schritte um den Polarlichtbogen mit der Brücke nach Sommarøy ideal aufs Bild zu bekommen. Wir fotografierten was das Zeug hielt, denn alle paar Sekunden wechselte die Szenerie aufgrund der Dynamik des Polarlichts. Alle paar Sekunden sah es anders aus und jeden dieser Momente versuchten wir festzuhalten.
Nach 10 Minuten war es aber auch schon wieder vorbei, Bewölkung zog auf, der Wind frischte auf und es fing an zu schneien. Also wieder ab ins Auto. Kurze Zeit später fuhr der Kleinbus davon, sodass wir nun ganz alleine waren. Glücklicherweise hatte unser Mietwagen ein großzügiges Dachfenster, sodass wir bequem nach erneuten Wolkenlücken Ausschau halten konnten. Erneut keine 10 Minuten später klarte es überraschenderweise auf und es blieb für den Rest der Nacht gering bewölkt.
Die Kälte, aber auch die Krankheitssymptome waren für einige Zeit vergessen.
Canon 6D II | Sigma 24mm ART | f/4.0 | 4 Sekunden | ISO 1000
Genau diesen Hotspot wählten und wählen wir im Oktober auch, konnte gedanklich gerade mitfahren 😍👍.
Danke, ja so geheim scheint der nicht zu sein 😉😊