Es war der 10. Juli 2020. Und dieses Mal sollte es endlich klappen. Nach einigen wetterbedingten Ausfällen, den überraschend hellen Kometen C/2020 F3 (Neowise) am Himmel zu fotografieren, bot sich nun das erste Mal für mich die Gelegenheit, nach diesem schmutzigen Schneeball, wie Kometen in der Astronomie auch gerne bezeichnet werden, Ausschau zu halten. Es sollte DIE Nacht der Nächte für Neowise werden.
Nach dem Perihel, dem sonnennächsten Punkt der Umlaufbahn um die Sonne, war Neowise Anfang Juli 2020 lediglich in den Morgenstunden zu sehen. Ich stellte mir regelmäßig den Wecker, um ihn so schnell wie möglich zu sichten und natürlich auch zu fotografieren. Wenn man bereits gelungene Aufnahmen mit kleinem Equipment vom Neowise in den sozialen Netzwerken sieht, steigt der Ehrgeiz ins Unermessliche. Leider spielte aber das Wetter nicht mit. Es war entweder immer bewölkt, oder regnete sogar. Was gut für die Natur ist, ist aber schlecht für die Astrofotografie. So musste ich mich erstmal in Geduld üben. Da ist man als Astrofotgraf aber eigentlich gut erprobt.
Dann war es endlich soweit, Neowise baute seine Sichtbarkeit in die Abendstunden aus und es war endlich mal ein Slot mit gutem Wetter in Sicht. Kurzerhand fragte ich meinen Planetariums-Kollegen und Astrofreund Dennis, ob er mit dabei sein wolle. Gegenfrage prompt: “Wann wollen wir uns treffen?” Die Frage war also nicht ob, sondern wann. Somit stand der Plan und wir machten uns am 10. Juli 2020 auf dem Weg. Ich im Auto, Dennis auf dem Motorrad.
Im Sternenpark angekommen, wurde es auch schon allmählich dunkel, auch wenn es in dieser Jahreszeit gefühlt eine Ewigkeit dauert, bis es dunkel genug ist. Tatsächlich wird es Anfang/Mitte Juli astronomisch gesehen in dieses Breiten hier gar nicht richtig dunkel. Die gesamte Nacht über bleibt ein Schimmer Abenddämmerung am Nordhorizont. Und genau dort sollte Neowise stehen. Und genau dort machten sich leider auch noch Wolken bequem. Das bedeutete, dass es nicht nur eine Frage des Dämmerungsfortschritts war, bis wir Neowise endlich sehen konnten, sondern auch eine Frage der Wolkenentwicklung.
Immer wieder blickten wir abwechselnd in die App und durchs Fernglas. Als ich gerade mithilfe der Kamera versuchte, ihn zwischen den Wolken ausfindig zu machen, rief Dennis plötzlich: “Ich glaube, ich sehen ihn!” Tatsächlich: Noch relativ klein, lichtschwach und zwischen Wolken, zeigte er sich uns dann auch gegen 23 Uhr auf dem ersten Foto:
Mittlerweile war es schon nach 1 Uhr und wir entschlossen uns, nochmal andere Motive aufzusuchen. Vor allem auch, weil mich die Masten und Kabel im Vordergrund störten. Für das eine Bild mag es ja ganz nett aussehen, aber grundsätzlich bin ich ein Freund davon, möglichst wenig Menschengemachtes im Bild zu haben.
In unserer Aufregung hatten wir aber das Auto die ganze Zeit offen gelassen und somit zog unbemerkt die Feuchtigkeit auch ins Innere des Autos, sodass sich ein Fahren etwas schwieriger gestaltete: Alle Scheiben waren beschlagen. Um Zeit zu sparen, warteten wir aber nicht ab, bis die gesamte Feuchtigkeit aus dem Auto verschwunden war, sondern ich lenkte das Auto indem ich aus dem Seitenfenster nach vorne schaute. So ein wenig hatten wir das Bild eines Lokführers vor unseren geistigen Augen. Aber es funktionierte super und ich manövrierte uns sicher über den Plattenweg zum nächsten Spot, wo mir schlussendlich DAS Bild des Abends gelang: Der Komet Neowise vor einer typischen westhavelländischen Nachtlandschaft mit Bodennebel in weiter Entfernung, im Hintergrund die aufkommende Morgendämmerung (es war mittlerweile gegen 02:30 Uhr) und dazu noch die leuchtenden Nachtwolken, die sich tatsächlich die gesamte Nacht über gehalten haben. Aus diesem Grund auch ein Bild meiner “Top 10: 2020“.
Canon 6D II | Canon 50mm f/1.8 STM | f/3.5 | 5 Sekunden | ISO 500
Lieber Tom,
sehr tolle Bilder! Den Neowise hatte ich leider nicht “auf dem Schirm”.
Aber zufällig sahen wir am 27. August abends auf unserer Terrasse sitzend einen verglühenden Starlink-Satelliten vorbei fliegen. Natürlich hat die Zeit nicht gereicht, um die Kamera zu holen. aber beeindruckend war das auch. Am 29.8. gabs in der SZ einen Artlikel dazu. Bis dahin rätselten wir, was es gewesen sein könnte: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wissen/starlink-satellit-weltraumschrott-meteor-e861040/
Viele Grüße und weiterhin tolle Bilder!
Hans-Jörg